—106-— Pastorö Hause in Hermannsburg versammelt. Nachdem die Missionszöglinge auf demspfarrhofe einen Choral geblasen und der Pastor ein Gebet gesprochen hatte, setzte sich der ganze Zug, als ein Zug von Pilgersleuten in Bewegung nach dem Dorfe Müden an der Oerze, etwa eine Stunde von Hermannsburg Dort nämlich sollte die ländliche Feier Statt finden. Die Schwachen, namentlich Frauen und Krüppel ic. zogen in Wagen mitten im Zuge oder nach dem- selben. Unter fröhlichen Gesprächen und Unterhaltungen, ab- wechselnd mit Gesängen mit Begleitung der hellen Posaunen ging’s durch’s Feld und Wald bei der Tilly’s Linde vorbei, unter welcher jener grimmige Feind der Protestanten gefriih- stückt haben soll (der Baum ist Von ungeheurem Umfange, doch dem Absterben nahe). Unterwegs wurde der Zug immer größer, von allen Seiten kamen singendePilgerhaufen dazu. In Müden mündete ein großer Theil im Pfarrhause, wo wir mit Speise und Trank gar freundlich und herzlich von dem alten würdigen Pfarrherrn und dessen zwei Töchtern bewirthet wurden. Alles andere Volk hatte sich unter schattigen Buchen gelagert oder war in Bauerhäusern gegangen und erquickte sich gleichfalls an einem Bissen, der gern denen abgegeben ward, die nichts hatten. »Und sie wurden alle satt und blieb noch iibrig.« Die Feier fand Statt in einem Bauerl)ofe, wie ich an Umfang noch keinen gesehen habe. Es stand ein ganzer Hain prächtiger Eichen darauf, darunter das lieblichste Grän. Hier also war der prächtigsie Dom; in der Mitte war eine Kanzel errichtet mit Kränzen und Laubgewinde schön geziert. Eine solche Feier im Freien ist außerordentlich erhebend; das Ge- mütl) wird mächtig ergriffen. Kommt es davon, daß man unter dem freien Himmel feiert und betet? Ist’s die Neuheit und Seltenheit? Kurz auch in Müden war es eine liebliche und herrliche Feier. Die Gesänge, angestimmt von einer Menge von mindestens 5000 Festgenossen erhoben mächtig das Gemüth und die Predigt des Pastors Harms war lieblich und erquicklich· Nachdem er einen Bibeltert Matth. 16, 13-19

—106-— Pastorö Hause in Hermannsburg versammelt. Nachdem die Missionszöglinge auf demspfarrhofe einen Choral geblasen und der Pastor ein Gebet gesprochen hatte, setzte sich der ganze Zug, als ein Zug von Pilgersleuten in Bewegung nach dem Dorfe Müden an der Oerze, etwa eine Stunde von Hermannsburg, Dort nämlich sollte die ländliche Feier Statt finden. Die Schwachen, namentlich Frauen und Krüppel ic. zogen in Wagen mitten im Zuge oder nach dem- selben. Unter fröhlichen Gesprächen und Unterhaltungen, ab- wechselnd mit Gesängen mit Begleitung der hellen Posaunen ging’s durch’s Feld und Wald bei der Tilly’s Linde vorbei, unter welcher jener grimmige Feind der Protestanten gefriih- stückt haben soll (der Baum ist Von ungeheurem Umfange, doch dem Absterben nahe). Unterwegs wurde der Zug immer größer, von allen Seiten kamen singendePilgerhaufen dazu. In Müden mündete ein großer Theil im Pfarrhause, wo wir mit Speise und Trank gar freundlich und herzlich von dem alten würdigen Pfarrherrn und dessen zwei Töchtern bewirthet wurden. Alles andere Volk hatte sich unter schattigen Buchen gelagert oder war in Bauerhäusern gegangen und erquickte sich gleichfalls an einem Bissen, der gern denen abgegeben ward, die nichts hatten. »Und sie wurden alle satt und blieb noch iibrig.« Die Feier fand Statt in einem Bauerl)ofe, wie ich an Umfang noch keinen gesehen habe. Es stand ein ganzer Hain prächtiger Eichen darauf, darunter das lieblichste Grän. Hier also war der prächtigsie Dom; in der Mitte war eine Kanzel errichtet mit Kränzen und Laubgewinde schön geziert. Eine solche Feier im Freien ist erhebend; das Ge- mütl) wird mächtig ergriffen. Kommt es davon, daß man unter dem freien Himmel feiert und betet? Ist’s die Neuheit und Seltenheit? Kurz auch in Müden war es eine liebliche und herrliche Feier. Die Gesänge, angestimmt von einer Menge von mindestens 5000 Festgenossen erhoben mächtig das Gemüth und die Predigt des Pastors Harms war lieblich und erquicklich· Nachdem er einen Bibeltert Matth. 16, 13-19