—45—. galt; als bei den Römern die stärksten Eide. Ich las, daß sie so keusch und züchtig waren, daß Hur-ern und Ehebruch beinahe unbekannte Verbrechen waren, so gastfrei und edel- daß sogar ein Todfeind, wenn er in ihre Hütte kam, volle Sicherheit fand, so lange bleiben konnte, bis der letzte Bissen mit ihm getheilt war und dann noch von seinem Wirthe bis zur nächsten Hütte begleitet wurde, um ihm da Aufnahme zu bereiten. Aber mein Herz blutete auch, wenn ich ihre Sünden und Laster las, ihren unmenschlichen Götzendienst, bei dem so- gar Menschen auf blutigen Steinaltären geschlachtet wurden- andre in tiefen verborgnen Landen ersäuft wurden, wenn ich las, wie unersättlich die Kriegslust, die Naubsucht, wie furcht-bar der Zorn, wie viehchif die Sauf- und Spielwuth Unter un- sern Vorfahren gewesen ist. Und wenn ich dann weiter las- wie das ganze heidnische Deutschland ein fast unterbrochener Wald und Sumpf, ohne Städte und Dörfer gewesen ist, wie die Menschen, fast nackt, höchstens mit einer Thierhaut beklei- det, selbst den wilden Thieren gleich in den Wäldern umher- gelaufen seien und sich nur von der Jagd und den wilden Wurzeln, dem Eicheln und Buchniissen genährt haben, dann staunte ich schon als Knabe siber die wunderbaren Wirkungen des Ehristenthums. Nur das konnte ich nicht begreifen, wie man jetzt in dem christlichen Deutschland so viel Von Lügen- Untreue, Hurerei und Ehebruch höre, da doch unsere heidni- schen Vorfahren so treue, redliche, keusche und zächtige Menschen gewesen seien; ich dachte immer, da müßte sich doch ein jeder deutscher Christ vor seinen heidnischen Vorvertierenden schäumen. Und wenn ich ferner bemerkte, wie jetzt so viele Deutsche so feig- herzig waren, da doch bei unsern heidnischen Vorfahren es der schrecklichsten Schimpf war, wenn jemand ein Hase gescholten wurde, da konnte ich es gar nicht begreifen, wie ein christlicher Deutscher, der doch an das ewige Leben glaube, feigherzig sein könne, und die heidnischen Vorfahren, die doch von dem seligen Himmel nichts wußten, seien so muthig und tapfer gewesen. Je älter ich nun wurde, desto begieriger wurde ich- etwas

—45— –regarded as the strongest of oaths given to the Romans. I read that they were so meek and austere, so that Hur-ern and infidelity were almost unknown crimes, so generous and noble – even a death enemy, if he came into their hut, found full security, until the last bite was shared with him, and then continued to be accompanied by his wealth until he reached the next hut to escort him. But my heart bled even when I read their sins and misdeeds, their inhumane service, where so many people were slaughtered on blood-stained ancient battlefields, others were preserved in hidden depths of the land, while I read how insatiably the lust for war, the pursuit of pleasure, how frightening the anger, how much the pleasure and games had been – under our ancestors’ heritage. And when I continued to read- how the whole Germanic country became almost a forest and swamp, without cities and villages, how the people, almost naked, were adorned with only a fur coat, even wild animals roaming among them, nourished by hunting and wild roots, and branches and birch, then I gasped when I was a boy – the wonderful effects of Ehristenthums. Only that could I not understand how one could now in Christian Germany hear so much of lies, betrayal, infidelity, and adultery, despite our ancient ancestors having been so loyal, honest, prudent, and righteous – I always thought that every German Christian would shiver before their Christian ancestors. And when I further read – how now so many Germans are so cowardly, yet the virtues of our ancient ancestors were so pious, steadfast, and cautious – I always thought that each German Christian would shiver before their ancient ancestors. And when I noticed further, how now so many Germans are so foolish, yet the virtues of our ancient ancestors were so terrible if someone were to be cursed a hare, I couldn’t comprehend how a Christian German could be so foolish and brave, even though we Christians believed in eternal life, and that our ancient ancestors were so timid and courageous. The older I became, the more greedy I became – something